Am Anfang glaubte ich noch, aber dann kam der Lastwagen…

 

Es ist, als neigten sich die Dinge einem Ende zu. Etwas mehr als eine Schwangerschaft fand Zeit in diesem Essay über Kim de l’Horizon und das «Blutbuch». Für die Zeitschrift delirium war er bestimmt. Aber ob delirium seinerseits bereits ein Ende gefunden hat oder aber einem Neuanfang entgegengeht, entzieht sich meinen Kenntnissen. So veröffentliche ich ihn nun auf meiner eigenen Seite. Ich möchte ihn nicht noch einmal über einen Jahreswechsel schleppen. Ich schneide mir diesen alten Zopf – möge er perfekt geflochten sein oder nicht – jetzt ab. Im besten Fall ist das ehrlich. Im schlechtesten…

 

Teil I: Von den Kohlen

 

Es ist nicht so, dass… Es ist nicht so, dass… Es ist nicht,…

Während ich das schreibe, bemerke ich im spärlichen Licht des Bildschirms, wie mein Atem zum ersten Mal diesen Winter kleine Dampfwolken vor meinem Mund bildet. Ansonsten ist es dunkel im Zimmer. Neben mir schläft ein Kind in seinem Bett. Deine Gedanken, Hannah Kressig, sind ein Lichtblick in einer zusehends düstereren Welt. Bestimmt zählt Laura Basso die Zeile, die mir jetzt in den Sinn kommt, zu den spannenden, «weil man es nicht hätte erwarten können.» Aber wer ist eigentlich «man»,[1] hier? Ingeborg Bachmann?

Meine Lippen zittern: «Es kommen härtere Tage.»

«Anachronistisch» wirke der Kohletransporter, meinte Berit Glanz in ihren Ausführungen über digital erzeugte Poesie an der TU Dresden «(Un)Creative Digital Writing | Berit Glanz: Der Kohletransporter im Intertext» schon recht früh, weil dieser Kohletransporter im «Stadtbild» nicht mehr auftauche. Sie zeigte das Bild eines kleinen Kohletransporters in einer Modelleisenbahnlandschaft. Meinem Fenster schräg gegenüber – auf der Eisenbahnstrasse sinnigerweise – ist ein Laden, der solche Modelle verkauft. Sie erfreuen sich grosser Nachfrage.

Meine Finger bewegen sich ungelenk über die Tastatur: «Es kommen härtere Tage.»

Das Angebot… das Angebot: Ich friere. Ich friere, weil der Kohletransporter im Stadtbild womöglich nicht auftauchen wird. In diesem Winter sind die Aussichten düster. Die angebotsgetriebene Nachfrage bricht zusammen, weil die Nachfrage auf einmal das Angebot vor sich her treibt. Der Kohlehändler hob wie alle anderen die Preise an, nur um achselzuckend hinterherzuschieben, dass er vielleicht gar nichts liefern könne, egal wie viel wir zu zahlen bereit wären. Für manche ist es keine Frage des Gewinns mehr, für manche werden – selbst im wohlstandsgesättigten Westen – grundlegende Bedürfnisse spürbar. Die Verteilung des Lebensnotwendigen – niemand wollte in den letzten Jahrzehnten der Friedensdividende ahnen, dass es einmal so weit kommen könnte – droht auf einmal zusammenzubrechen. Vor dem Fenster meines Zimmers leben Bettler*innen, während die Sparkasse den Bankomatenraum gegenüber neuerdings um 20 Uhr schliesst, um diesen Bettler*innen nachts einen windgeschützten Schlafplatz zu verweigern. Ich bin, diesen Schluss würde Berit Glanz wohl oder übel ziehen müssen, anachronistisch.

Ich spüre meine Zehen unter dem Schreibtisch kaum mehr: «Es kommen härtere Tage.»

Hannah Kressig zitiert das «Experimentalsystem delirium – aus einem weiteren Blickwinkel». Aber sie bezieht sich nur auf die Lastwagen und die Forderung, sich auf sie einzulassen, nicht aber auf ihre Fracht: damals das Fleisch oder eben heute – die Kohle. Ich versuche jetzt den fünften Winter, Kohle vom Keller in den dritten Stock zu tragen, während in Australien die Kohleindustrie stark ist und das Land zerstört. Heilige Stätten weichen gigantischen Gruben. Und die Gedichte der Aborigines – die Songlines – versagen, weil ihnen die landschaftlichen Referenzpunkte verloren gehen. Die Wege der totemistischen Traumzeit-Ahnen (etwa der Pfad eines Native Cat Man), deren Schritte – links, rechts – in endlosen Reihen von Zweizeilern über Tausende von Kilometern die landschaftlichen Merkmale benennen, weisen unüberbrückbare Lücken auf. Und die geographisch-sozial orientierungslosen Menschen gehen in den Wüsten und Städten gleichermassen in alkoholisierter Verwahrlosung verloren. Sie gleichen den Bettler*innen vor meinem Fenster. Nähme ich australische Kohle an, würde sie mir angeboten? Manche Stämme lehnten Bergau auf ihrem Land und entsprechende Tantiemen ab. Ihr Widerstand allerdings scheint zwecklos.

«A song, he said, was both map and direction-finder. Providing you knew the song, you could always find your way across country.»[2]

Die Bedeutung dieser Gedichte, der Songlines, lässt sich am Umstand bemessen, dass manche Stämme einen fehlerhaften Vortrag der Songlines bei den rituellen Zusammenkünften der Clans mit der Todesstrafe ahnd(et)en. Mit Gewalt hielten die Aborigines das Unerwartete von sich fern, mit Gewalt zwangen die Kohlegruben das Unerwartete in Form von gigantischen Gruben Menschen auf, die auf das Erwartbare angewiesen waren, damit sie in der Wüste ihren Weg von Wasserstelle zu Wasserstelle fanden. Ingeborg Bachmann meinte 1961 in ihrer Frankfurter Poetikvorlesung insbesondere mit Blick auf Gedichte:

«[W]as von Zeit zu Zeit grundsätzlich und grundlegend gesagt werden wollte und immer wieder gesagt werden will. Es wird zur Orientierung gesagt, und wir verlangen es zu hören, der Orientierung wegen.»[3]

Wenn dagegen, was Hannah Kressig untersucht, Computer Gedichte – und obendrein in freien Versen – erzeugen sollen, so zeigt das nichts als einen zunehmenden und allzu frühen Überdruss an freiversigen Gedichten, die einst ausgezogen waren, den Teufel des Erwartbaren mit dem Beelzebub des Überraschenden auszutreiben. Die Perpetuierung des Überraschenden erzeugt das Paradoxe Phänomen, gleichzeitig lähmenden Überdruss und tödliche Panik – Hyperventilation, Herzrasen – zu verursachen. An dieser Stelle ist ein idiotensicherer Warnhinweis amerikanischen Zuschnitts – ein bisschen so wie bei der Tabakprävention – angebracht, damit später keine Millionenklagen das Geschäft verderben: Vorsicht, das kann tödlich enden. Jeder Zufallsgenerator wird bei jedem tausendsten Versuch ein passables Gedicht, das «man nicht hätte erwarten können», ausspucken. Dem anachronistischen Genre der Lyrik ist – und das ist tröstlich – auch mit der neusten Technik kein Leben mehr einzuhauchen. Ohnehin lässt sich der Unterschied zwischen Mensch und Maschine – das ist wie bei Schachprogrammen – letztlich auf Geschwindigkeit reduzieren. Wie schnell schreibst du tausend Gedichte? Wie schnell kannst du sie lesen? Wie schnell kannst du sie rezitieren? Aber die utopischen Fluchtpunkte unendlicher Geschwindigkeit in positiver (Gedicht) und negativer Beschleunigung (Prosa) sind auch technisch-maschinell nicht zu erreichen.

«As Arkady turned the wheel to the left, Limpy bounced back into action. Again he shoved his head through both windows. His eyes rolled wildly over the rocks, the cliffs, the palms, the water. His lips moved at the speed of a ventriloquist’s and, through them, came a rustle: the sound of wind through branches. Arkady knew at once what was happening. Limpy had learnt his Native Cat couplets for walking pace, at four miles an hour, and we were travelling at twenty-five. Arkady shifted into bottom gear, and we crawled along no faster than a walker. Instantly, Limpy matched his tempo to the new speed. He was smiling. His head swayed to and fro. The sound became a lovely melodious swishing; and you knew that, as far as he was concerned, he was the Native Cat.»[4]

Geschwindigkeit. Das war auch einmal ein Thema im delirium. Wilde Spekulationen über Beschleunigungen und absolute Geschwindigkeit begegneten literaturwissenschaftlichen Analysen über paradigmatische und syntagmatische Techniken. Aber selbst die avanciertesten und umweltfreundlichsten Lastwagen nützen nichts, wenn kein Treibstoff vorhanden ist, sie in Bewegung zu setzen, und wenn keine Fracht mehr vorhanden ist, die zu transportieren sich lohnte. Der russische Überfall auf die Ukraine und die darauffolgenden Handelsembargos erzeugten im Westen seit langem wieder eine vage Ahnung von Knappheit. Ohnehin ist die Geschwindigkeit der Lastwagen im Gegensatz zur Geschwindigkeit des Individualverkehrs selbst auf den deutschen Autobahnen aus Sicherheitsgründen beschränkt. In langen Schlangen quälen sich die in der europäischen Logistik unentbehrlichen Lastwagen auf der rechten Autobahnspur vorwärts. «Logistik» heisst der erste methodische Abschnitt in Cédric Weidmanns Dissertation «Antizipation der Nostalgie».

«So ist Nostalgie weder eindeutig pro-kapitalistisch noch anti-kapitalistisch, weder revolutionär noch konterrevolutionär, sondern provinziell und kontingent: Sie tritt innerhalb von imperialen Netzwerken, denen sie zudient, an entscheidenden Schleusen oder Flaschenhälsen auf, die die Aufgabe haben, importierte Warenflüsse von Instabilitäten und Ideen zu filtern und zu quarantänisieren. So entsteht die Krankheit ausgerechnet bei den Schweizer*innen und den Pommer*innen, die – laut Kant – die vorkapitalistische «Brüder- und Vetterschaft» der Provinz vermissen und aus den imperialen Armeen desertieren. Deren Körper sind für logistische Aufgaben vorgesehen, wie etwa die Haitianische Revolution niederzuschlagen und fernzuhalten, aber zugleich stellen sie deshalb eine liability dar und werden zur Sollbruchstelle, weil sie jederzeit das Verfahren sabotieren könnten.»[5]

Die Bekämpfung der Nostalgie, die als Krankheit imperiale Armeen zersetzt, greift, so schildert Cédric Weidmann, auf das Verbot der «Kuhreihen», alter Hirtenlieder zum Anlocken des Viehs, zurück. Die Bezeichnung ‹Lyrik›, die sich auf alles bezieht, was vom Lied jenseits der Popsongs in der Schriftkultur übriggeblieben ist, und die einst wie im Fall der Songlines oder der Kuhreihen auf eine geerdete Überlebenstechnik schlechthin verwies, kennzeichnet heute häufig den Restbestand einer verwahrlosten Bedeutungslosigkeit in der Literatur: ein Mülleimer, der alles schluckt, was ökonomisch nichts mehr verspricht, was weder Roman noch Drama, weder Pop- noch Rocksong schon von Anfang an höchstens von marginalem Interesse sein kann. Zugleich wird, ihrer Einfachheit wegen, nichts mehr produziert als eben Lyrik. Was machen wir eigentlich, wenn der Mülllastwagen nicht kommt? Ich erinnere mich an die Zeit, als Neapel im Müll versank. «Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?», schrieb der Erzvater des Problems freischaffender Autorschaft, der erste Popstar der Literatur, Johann Wolfgang von Goethe, vor zweihundert Jahren in seinen «Wilhelm Meister». Auf der Italienreise hatte er auch Neapel besucht. Zum schulischen Kanon gehört heute – immer noch!!! – der bürgerliche Bildungsroman, ein literarisch inszenierter rite of passage, den es als literarische Erfindung nur deshalb gab, weil er in der Realität fehlte. Ist das nun eher anachronistisch oder nostalgisch? Wie wir uns auch literarisch anstrengen mögen, wir werden den Weg zurück zu einem wohl datierten Aufschlitzen von Penissen wie bei den Initiationsriten der Aborigines – zum Glück – nicht mehr finden. Wann also etwa einer abgesehen vom bürokratischen Akt seines 18. Geburtstags ein Mann wird, wissen wir längst nicht mehr. Aber wir brauchen es auch nicht zu wissen, weil wir nicht als Mann oder Frau – also nicht als biologische Funktionskörper – etwas aus unseren Talenten machen sollen.

«Denn es ist wie mit einem Menschen, der außer Landes ging: Er rief seine Knechte und vertraute ihnen sein Vermögen an; dem einen gab er fünf Talente Silber, dem anderen zwei, dem dritten einen, jedem nach seiner Tüchtigkeit. Sogleich ging er hin, der fünf Talente empfangen hatte, und handelte mit ihnen und gewann weitere fünf dazu. Ebenso gewann der, der zwei Talente empfangen hatte, zwei weitere dazu. Der aber ein Talent empfangen hatte, ging hin, grub ein Loch in die Erde und verbarg das Geld seines Herrn. Nach langer Zeit kam der Herr dieser Knechte und forderte Rechenschaft von ihnen. Da trat herzu, der fünf Talente empfangen hatte, und legte weitere fünf Talente dazu und sprach: Herr, du hast mir fünf Talente anvertraut; siehe da, ich habe damit weitere fünf Talente gewonnen. Da sprach sein Herr zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude! Da trat auch herzu, der zwei Talente empfangen hatte, und sprach: Herr, du hast mir zwei Talente anvertraut; siehe da, ich habe damit zwei weitere gewonnen. Sein Herr sprach zu ihm: Recht so, du tüchtiger und treuer Knecht, du bist über wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen; geh hinein zu deines Herrn Freude! Da trat auch herzu, der ein Talent empfangen hatte, und sprach: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist; Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; und ich fürchtete mich; ging hin und verbarg dein Talent in der Erde. Siehe, da hast du das Deine. Sein Herr aber antwortete und sprach zu ihm: Du böser und fauler Knecht! Wusstest du, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und einsammle, wo ich nicht ausgestreut habe? Dann hättest du mein Geld zu den Wechslern bringen sollen, und wenn ich gekommen wäre, hätte ich das Meine wiederbekommen mit Zinsen. Darum nehmt ihm das Talent ab und gebt es dem, der zehn Talente hat. Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird die Fülle haben; wer aber nicht hat, dem wird auch, was er hat, genommen werden. Und den unnützen Knecht werft in die Finsternis hinaus; da wird sein Heulen und Zähneklappern.»[6]

Diese Geschichte ist weit älter als jede (neo-)liberal-bürgerliche Aufforderung zu individueller Leistung und individueller Entlöhnung: «Es ist die Literatur, weit vor jedem Start Up und jedem Coaching, das die Projektion der Leistung auf ein Individuum perfektioniert hat.» (Cédric Weidmann) Und ich habe diese Geschichte auch gehört – immer und immer wieder. Eine Jugend lang wurde mir eingeschärft, wie wichtig diese Geschichte ist. Nur eine Grossmutter hatte die Täler verlassen und Schneiderin gelernt bei Grieder am Paradeplatz in Zürich. Warum sie dann wieder in die Täler zurückgegkehrt war? Hatte der Katholizismus im urprotestantischen Zürich eine Rolle gespielt? Meine Grossväter hatten noch Vieh gehütet. Mir dagegen wurden tatsächlich viele Talente mit auf den Weg gegeben. Ich habe zum Beispiel einen Doktortitel. Ich wäre wahrscheinlich bestens gerüstet für den Überlebenskampf auf dem Arbeitsmarkt. Ich bin zuverlässig und kann selbständig arbeiten. Und ich verstehe, dass eine sozialistische Bürokratie Stillstand bedeutet, während Konkurrenz das Geschäft belebt. Aber ich beginne zu spüren: Dem Knecht, dem die Kohle genommmen wird, dem wird in unseren Breitengraden bald das Leben genommen werden. Die Kältetoten bleiben diesen Winter womöglich nicht in Russland und der Ukraine.

Ich könnte heulen, meine Zähne klappern: «Es kommen härtere Tage.»

Bestimmt werde ich nicht erfrieren. So schnell geht das – zumindest in meinem Fall – nicht. Ich lebe trotz meines Wegzugs aus Zürich – ist das schon ein In-Bewegung sein? – in sicherer Sesshaftigkeit in einem prinzipiell beheizbaren Haus. Da türmen sich in einem Altbau fünf Stockwerke übereinander, die ich alle mitnutzen kann. In jedem Raum steht ein Kohleofen, um den Raum zu beheizen. Ich will also nicht, dass da Missverständnisse bezüglich meiner Lage aufkommen. – Aber kommen eigentlich noch Kohlen diesen Winter? – Und so ist das Einzige, was ich mir angesichts dessen, was ich aus meinem Talent zur Zeit zu machen scheine, einbilden kann: Vielleicht ist dieser Kohletransporter-Anachronismus gar nicht gestrig, sondern morgig – so wie im Heulen und Zähneklappern des neutestamentarischen Knechts das Heulen des alttestamentarischen Propheten Jeremia echot: «Siehe, es kommen Wasser heran von Norden, die zum reißenden Strom werden und das Land überfluten und was darin ist, die Städte und die darin wohnen, dass die Leute schreien und alle Einwohner im Land heulen.»[7] Aber was sollen wir daraus schliessen? Bruce Chatwin schrieb bereits 1985 in seinen Nachforschungen zu den Songlines der Aborigines:

«The idea of returning to an ‹original simplicity› was not naïve or unscientific or out of touch with reality. ‹Renunciation›, I said, ‹even at this late date, can work.› ‹I’d agree with that›, said Arkady, ‹the world, if it has a future, has an ascetic future.›»[8]

Genau wie die Songlines zerfallen, verliere ich meine Orientierung. Ich kenne mich nicht mehr aus. Die längste Zeit habe ich damit verbracht, mehr insgeheim als öffentlich natürlich, das literarisch-journalistische Establishment, das Regime der Preise und Stipendien anzuprangern. Ich habe mir ausgemalt, was geschähe, wenn die Bedürftigen die Kohle untereinander verteilen könnten. Wenn – anstelle des heimlichen Anhäufens von Kohle im Privaten – etwas klarer würde, wer womit über die Runden kommt oder eben nicht. Es würde mich interessieren, selbst wenn dabei herauskäme, dass ich etwas abzugeben hätte. Aber wie verhalte ich mich zu einem Buch, das heilen will und zugleich als «sprachgewaltig» beschrieben wird? Es gibt kaum ein Mensch, das neben anderen Preisen wie dem Ponto-Preis auch den Deutschen und den Schweizer Buchrpeis zugleich gewonnen hätte. Und jetzt, da ich weiterschreibe, hat das «Blutbuch» auf der SRF-Liste der fünf besten Bücher 2022 60 von wahrscheinlich 60 möglichen Punkten. Fast doppelt so viele wie der zweitplatzierte Briefwechsel zwischen Max Frisch und… und… Ingeborg Bachmmann, dessen ganzes Gewicht ich von meinem Vater zu Weihnachten gekriebt habe. Was ist, wenn ausgerechnet ein Weggefährt* in all seiner moralischen Menschenfreundlichkeit plötzlich die ganze Kohle auf einmal abtransportiert und trotz der läppischen Summen, mit denen der Literaturbetrieb hantiert, zu einem weiteren Symbol fundamentaler Verteilungsungerechtigkeit auf dieser Welt wird?

«Vor diesem Hintergrund scheint die Entscheidung für «Blutbuch» von Kim de l’Horizon richtig. «Blutbuch» ist ein ungemein vielschichtiges Buch. Dringlich, radikal, existentiell, sprachgewaltig.» (Katja Schönherr, SRF)

Es ist natürlich so, dass ich neidisch bin. Aber es ist nicht so, dass ich nur neidisch wäre. Oh, ich bin es… Neidisch auf deine Anerkennung, neidisch auf dein Geld, neidisch auf deine non-binäre Ausdrucksfreiheit. Schon früh hatte ich – ein kleiner Giftzwerg – ein überzogenes Gerechtigkeitsempfinden, das dem Neid gefährlich nahe kommt, und dafür auf dem Pausenhof aufs Maul gekriegt. Wer genau spielt jetzt auf dem Fussballplatz und warum? Später, als ich kein Kind mehr war, fand ich Freunde, mit denen und dem «rauchenden Onkel» (Cédric Weidmann) ich Theater spielte, und über männliche Verhaltensweisen – wie sie breitbeinig dasitzen, wie sie steif und gewichtig oder schneidig und zielstrebig gehen, wie sie zur Orientierung Weltpolitik statt des eigenen Befindens diskutieren – sprach. Aber das währte nicht lange und ist lange her. Ist es ein Talent, die Regeln des alten Geschlechterspiels lernen zu können, während ich mich weigere, die Regeln des marktwirtschaftlichen Spiels zu begreifen? Aber wahrscheinlich fehlt es mir einfach nur am Talent für das unumgängliche Marketing…

Meine Lippen zittern: «Es kommen härtere Tage.»

Und ich schreibe mir das von der Seele, damit der Neid, diese schändliche und verpönte – vielleicht allzu bürgerliche – Regung, mich in meinem kalten Paradies nicht weiter auffrisst. Ich bin jetzt nicht mehr 35, ich gehe gegen die 40, die Pubertät ist vorbei und ich komme in das Alter, in dem Menschen die grösste Leistungsfähigkeit entwickeln. Und diese Leistung sollte… diese Leistung sollte… diese Leistung… Ich schreibe mir das von der Seele. Und dann werde ich weinen und dann werde ich wieder aufbrechen.

«In regions of assured abundance, animals will stake out and defend their lot with shows of aggressive display. In the badlands, where nature is rarely kind – yet there is usually room to move – they make their meagre resources serve them and so find their way without fighting.»[9]

Aber bleibt dann noch ein Antrieb übrig, wenn ich den Neid selbsttherapeutisch veräussert habe? Finde ich dann Gelassenheit? Oder kommt dann der Moment, an dem es an mir ist, zusammenzubrechen? Noch während ich all das schreibe, entgleiten mir die Relationen. Geht es mir nicht gut? Schliesslich tue ich, was ich tue, um nicht eingespannt in den Tagebau oder in den Stollen des Untertagebaus sagen zu müssen: Ich habe keine Zeit, dir mein Leid zu klagen. Meine Staublunge… meine Müddigkeit… Die Kohle… Im vergangenen Herbst habe ich es so klar wie nie zuvor gesehen: Viele meiner – männlichen – Freunde hatten diese Zusammenbrüche. Auch du. Damals, aber du warst noch sehr jung, liessest du mich allein, wie ich dich dann wahrscheinlich auch allein gelassen habe, statt mich um dich zu kümmern… Unsere kleine Gesprächsgruppe zur Selbstreflexion kollabierte nach deinem Weggang. Ich habe seither mehrere erfolglose Versuche einer Wiederbelebung in immer neuen Konstellationen unternommen. Heute fürchte ich mich davor, diese – non-binären und anderen Menschen – mit meinem unbändigen Willen zur Auseinandersetzung zu überfordern. Und ich bedauere den Rückzug, der allseits um sich greift. Aber wahrscheinlich ist das bloss nostalgisch. Vielleicht war gerade delirium dafür gemacht, einmal darauf zurückzublicken, wie das in Daniel Grohés Editorial zur N°10 anklingt. Ob da aber Zukunft übrigbleibt? Er habe, obwohl er sich über die Sinnhaftigkeit seiner Arbeit unsicher geworden sei, keine Zeit für eine solche Konversation, schrieb mir einmal ein bekannter Literaturredaktor, als ich mich erdreistete, mich mit meiner allereigensten Person für die fünfzeiler – diese Gedichte, die mich seit Jahren antreiben – in die Bresche zu werfen.

Aber da der Doktortitel in der Tasche ist: «Es kommen härtere Tage.»

Im geheimen Geflecht des C.W. fasste KdH die drohende Verbürgerlichung in eine Satire. Ich nahm das – gerne hätte ich es todernst genommen, aber dazu fehlte mir der Mut – ernst: «Vielleicht fasst Dominik Holzers beißende Kritik, auch wenn sie »Das geheime Geflecht des C. W.« anspricht, zumindest meine Situation zusammen: »Stets hört man das Höhnen: Keine Namen mehr, sei propagiert worden, keine Ichheiten – und dann, wenige Jahre später, seien doch alle in die Falle getappt. Ein* nach d* anderen haben sie doch unter bürgerlichen Namen publiziert, haben Kinder produziert und sich Eigenheime, dritte Säulen und zwei Ferienhäuser angeschafft.« Das sind Einwände, die sich gefallen lassen muss, wer Kunst auch sozial zu begreifen versucht. Der Kunst ist eben nicht zu trauen. Aber wozu auch? Ich traue doch Menschen.» Ich verliere aber die Tuchfühlung mit diesen Menschen, nach fünf Jahren Abwesenheit – da geht die Weltbürgerlichkeit zwischen Zürich und Leipzig dahin – ist kaum eine Berührung mehr. Ernüchtert stelle ich fest: Ich bin weggezogen. Habe ich das wirklich freiwillig gemacht? Der Staat hat doch, mein Stipendium… Ich will mir Unfreiwilligkeit nicht einreden: Entscheidungen sind Entscheidungen. Zurück bleiben Enttäuschung und Trauer, ganz viel Trauer über die Orientierungslosigkeit auf den Wegen des Lebens. Und die schale Gewissheit: Weder eine non-binäre Idenität, noch ein Künst*Name und ein kinderloses Kunstnomadentum auf Preisreise heben die bürgerliche Lebensweise aus den Angeln. Das sind faszinierende Phänomene… am Rand der ökonomischen Maschinerie. Aber vielleicht gibt Anlass zur Hoffnung,

«[d]ass mensch sich an den Rändern seiner Geschichte gegen die Geschichte wehren kann.»[10]

Zu Jammern steht mir schlecht an. Und doch… Und doch komme ich nicht umhin zu sagen, dass ich mich an den Rand unseres literarischen Biotops begeben habe. Ob das allerdings dieselben Randerfahrungen sind wie deine? Im Handball war ich der seltsame Philosoph mit neonfarbenen Stirnbändern unter Handwerkern (in der Nationalmannschaft wurden mir diese Stirnbänder verboten; im Namen der Nation herrschte eine seltsam bescheidene Uniformität). Im Philosophiestudium war ich der Literat. In der Literaturwissenschaft der Evolutionstheoretiker. In Deutschland der Schweizer. In der Stadt… Ich lebe mittlerweile in Ostdeutschland: am Rand Westeuropas und am Rand Osteuropas. Randständigkeit ist vielleicht ein Lebensgefühl, das unabhängig vom Kontext ist. Aber ich will mir darüber schon klar werden: In meinem Fall ist es ein Gefühl und keine Realität, denn die Bettler*innen vor dem Fenster grinsen mir in meinen Alpträumen mit zahnlosen Mäulern hungrig ins Gesicht. Jetzt merke ich: Ich habe mich mit meinen fünfzeilern marginalisiert, um wie mit der «Gebetsfahne» – damals in der ersten Ausgabe von delirium – endlich sagen zu können: «Ich bete vom Rand her.» Ob mich die geschilderten Randerfahrungen dazu gebracht haben, die bäuerlichen Armutserzählungen meiner Eltern – Kuhreihen, und die sind «erdig-krümelig» wie deine Männlichkeiten in der TAZ, spielen darin eine Rolle – mit Erfahrung anzureichern? Ich musste wissen, wie es ist bei gut 800 Euro Fixkosten mit 1000 Euro im Monat auszukommen, damit ich hauptberuflich schreiben kann. Ich musste diese entsagende Widerstandskraft erproben, dieses Ringen um Ressourcen spüren. Ich habe zwar ein wenig Erspartes, eine Pensionskasse aber habe ich keine – und eine dritte Säule erst recht nicht. Fünf Jahre später weiss ich, dass diese Lebensweise – mit einem einzigen Zimmer, das ich mit meinem Sohn teile, in einem grossen Haus mit vielen Menschen – völlig unabhängig vom Schreiben richtig ist. Ich würde sie nicht mehr gegen eine bürgerliche eintauschen, auch wenn ich dereinst eine Anstellung suchen muss. Natürlich habe ich gehofft, dass es dennoch vorwärts geht: ein wenig mehr in Richtung Zentrum. Oh, ich bin näher an Berlin herangerückt, von dem sich delirium N°01 abgegrenzte. Aber es geht trotzdem nicht vorwärts: Stagnation bei gleichzeitig hoher Produktivität seit über vier Jahren. Die Konsequenzen zu tragen, wird, das muss ich zugeben, zunehmend härter. Ich bin mit der Literatur ein Bettler geblieben, der Almosen bei seinen Freund:innen und Verwandten erfleht und die Almosen verschämt mit Büchern zu rechtfertigen versucht. Und ich frage mich: Wann hört diese Konsequenz auf? Wann diese unerbittliche Radikalität, die in der Kunst verlangt und ansonsten mit allen Mitteln bekämpft wird? Wann diese Perfektion der Vereinzelung, die elf fleissige Jahre unablässigen Kampfs dauert?

«Elf Jahre lang hat Kim de l’Horizon daran gearbeitet. In jeder Zeile schwingt der Kampf mit, der um jede dieser Zeilen geführt werden musste.» (Katja Schönherr, SRF)

Sie verkennen die Tatsachen, das merke ich, wenn sie statt über das Buch unablässig über Non-Binarität reden. Was machen sie mit dir? Es ist nicht einmal die Verniedlichung in der dialektalen Postkartenidylle Schweiz, die dem «Blutbuch» in seiner medialen Verwertung zum Verhängnis wird, wie ich in meiner Kritik für den Kreuzer in Leipzig befürchtet hatte, es ist die vermeintlich politisch relevante, aber beinharte Reduktion auf Non-Binarität. Und das Faktum des Popstars, das grösser ist als das Buch, weil es bei einer Preisverleihung als aussergewöhnliche Erscheinung in der Lage ist, publikumswirksam – fast schon lyrisch – ein Lied zu singen. Aber natürlich sind Menschen wichtiger als Bücher, denke ich mir. Und genau daran verzweifle ich. Ich kenne den Menschen KdH (oder ist es an dieser Stelle DkH?), deswegen interessiere ich mich für dich, deswegen gehst du mich etwas an. Ich kann dich nicht von mir fernhalten – und mit einem Achselzucken sagen: So ist der Betrieb halt. Um die Rezension des «Blutbuchs» für den Kreuzer habe ich mich sogar – wie um die paritätische Teilung der Sorgezeit für mein Kind zum frühstmöglichen Zeitpunkt – gerissen, mich innigst über die Zusage und auf die Lektüre gefreut. Und wahrscheinlich würde ich dir antworten, stelltest du mir eine Frage. Aber ich fürchte, ich habe die Augenhöhe verloren. Wie das wohl für dich ist? Hattest du mir gegenüber einmal ein Gefühl von Augenhöhe? Neid auf Typen wie mich kennst du schliesslich: «Tut mir leid, Mo, ich bin neidisch auf die heterosexuellen Männer, die Nagellack nur als politisches Zeichen tragen, die aber keine Angst davor haben, geschlagen, beleidigt und bespuckt zu werden; auf Typen wie dich, die keine Angst haben, weil sie kein Leben mit alltäglicher, ständiger Gewalt, mit Mikro- und Makroaggressionen erleben.»[11] Oder kam es dir damals so vor, als hätte ich die Weisheit mit Löffeln gefressen? Ob du «die verkettung der / fünfzeiler» – im Geiste des «Experimentalsystems delirium»: «Ich habe dich gesehen, d.h. gelesen.» – einmal lesen wirst wie ich das «Blutbuch»? Ich weiss es nicht. Ich weiss viel zu viel nicht. Unser kurzer Austausch während meiner «Blutbuch»-Lektüre verlor sich rasch wieder. Der letzten Nachricht deinerseits am 21. September 2022 – «💕🤓😘» – ging am 17. September 2022 ein symptomatischer Satz meinerseits voraus:

«melde dich im spätherbst, wenn du zeit hast.»[12]

Seither ist Stille, es gibt keine Fragen mehr, auf die ich antworten könnte. Der Betrieb hat dich geschluckt. Bestimmt ginge es mir an deiner Stelle genauso. Der Moderator im Interview allerdings antwortete nicht, als du ihm eine Gegenfrage stelltest. Ist das den Funktionen geschuldet? Interviewer*in : Interviewte*r? Während sie dich – obwohl du dich deiner selbst gar nicht so sicher zu sein scheinst: «Ich frage mich, wie viel meiner spezifischen »Queerness« wirklich essenzieller Ausdruck meiner ureigenen Persönlichkeit ist und wie viel dabei auch bloss die Verkörperung einer von den USA beeinflussten, metropolitanischen, weltbürger*innenlichen Queerness ist, mit der ich mich identifiziere – auch weil sie cool und edgy ist.»[13] – auf die Non-Binarität festnageln, vertrocknet zwischen den Monolithen dieser binär fixierten Positionen, Rollen und Funktionen die – trans-generationelle – Fluidität, die deinem Schreiben wahrscheinlich weit wesentlicher ist als die individuelle Zufälligkeit eines geschlechtlichen Befindens. Ich habe das «Blutbuch» gelesen, froh bin ich darum, meine Rezension – «So geht biografisches Schreiben auf der Suche nach der mütterlichen Ahn*reihe, einem menschlichen »Geflecht« jenseits geschlossener Formen und starrer Blutlinien und sich selbst im 21. Jahrhundert.»[14] – vor dem Preisreigen geschrieben zu haben. Ich bin begeistert von deinem Buch!

 

Teil II: Von der Erfahrung

 

Seither ist Stille. Und so – auch Cédric Weidmann hält mich dazu an – kehre ich statt zum Menschen, denn an das Mensch werde ich vielleicht nie wieder so herankommen, wie es nötig wäre, um Antworten auf all diese Fragen zu erhalten, zum «Blutbuch» zurück. – Und zu meinem Neid, zu meiner Angst davor, vielleicht irgendwann nicht mehr dazuzugehören… In der Bedeutungslosigkeit zu versinken… – Ich will weder den Menschen noch das «Blutbuch» verkennen, aber die öffentliche Person, und was über sie und das «Blutbuch» gesagt wird, kommt mir – ob das jetzt sinnig ist? – dauernd in die Quere. Es bleibt mir nichts, als mich an das Buch zu klammern, um neben all diesen zweidimensionalen Projektionen auf Bildschirmen und Fotografien ein Gefühl für den dreidimensional-körperlichen Menschen zu kriegen.

«Ich vermute, dass es mich auch darum ins Schreiben zog, weil das Schreiben eine einzige Wellenlinie ist, eine von weither kommende Woge, die lange vor mir begonnen hat und lange nach mir weiterfliessen wird. Weil das Element der Sprache das Flüssige ist. Das Träge, das Tiefe, Latente, das Tragende, Mitreissende, Anbrandende, das Ertränkende, Speichernde, Leben Gebende, Unerschöpfliche, Spiegelnde, Monster Beherbergende, Auflösende. Weil ich immer ein Wasser war, mein Körper immer spürte, wie sehr er ein Fliessen ist, ein In-Bewegung-Sein.»[15]

Lass uns also die Welle – diese vom Nordpol heranbrausenden Wasser – der neu gewonnen Ausdrucksfreiheit reiten, während das rettende Ufer in der steigenden Brandung, die das Verbrennen von fossilen Brennstoffen – Kohle – verursacht, wegbricht und uns die Kiemen, die wir bräuchten, um ins Wasser zurückzukehren, nicht schnell genug wachsen. Wir müssen uns verwandeln. Aber, m* Hex*, m* Hex*, warum hast du mich verlassen? Als spiegelten sich unsere getrennten Wege in unserer jeweiligen Auseinandersetzungen wieder, suche ich die Ursprünge der Menschen und des Alphabets in der Kargheit von Wüsten, während du noch weiter zurück in den Menschen die Üppigkeit von – sprachlichen – Meeren suchst. Dort, in den Meeren, lagerte sich vor Urzeiten die organische Masse ab, die später zu Kohle werden sollte. Nein, das Schreiben ist nicht flüssig. Das Schreiben ist in Stein gemeisselt, schwarz und gepresst wie Kohle. Und in dieser Kohle, mehr noch als in den Geschlechtern, suche ich die Non-Binarität. Auch die Welt der Literatur ist mehrheitlich aufgeteilt: in solche, die Kohle verteilen, und in solche, die Kohle erbetteln. Wahrscheinlich – und schon schiebt sich wieder diese öffentliche Person zwischen uns – sagt nur ein Mensch, das Preise gewonnen hat, es würde nicht für Preise schreiben. Aber in dem Moment, in dem das Geld auf deinem Konto liegt, wirst du für Preise geschrieben haben. Die faktische Notwendigkeit, jederzeit zwei – sich womögliche widersprechende – Sachen gleichzeitig zu denken, lässt es nicht zu, die Kehrseit der Münze einfach zu verleugnen. Sonst werden – wie aus der Sicht mancher ostdeutscher Menschen – die (Sowjet-)Russen bis in alle Ewigkeit die Friedensstifter bleiben, obwohl sie in den Achtzigern in Afghanistan einmarschierten und heute in die Ukraine. Den ungesühnten Gräueln der USA nicht an die Brust sinken zu wollen, muss nicht heissen, sich Putin in die Arme zu werfen. Wäre da ein Abseitsstehen, etwas Randständigkeit angebracht? Und wie ist das eigentlich in der Schweiz? Vielleicht hätten sie an der Ostsee im Winter einfach gerne das Gas aus den Nordstream Pipelines. Stattdessen beginnen sie jetzt – Klimawandel hin oder her – aus lauter Angst wieder auf Kohleheizungen umzusatteln. Kim, frage ich mich, von welcher Kohle hat Dominik all die Jahre gelebt? Und welche binäre Polarität zwischen laienhafter Privatperson und professionelle*r Künstler*in baut ihr beiden auf?

«In der Konverter-Garage an der Fellenbergstrasse versammelte sich ein bunter Haufen von Menschen. Alle Menschen sollten Kunst machen können, ohne dass Professionelle zwingend die Deutungshoheit über die Qualität von Kunst innehaben mussten. Aber selbst die sozialistische DDR scheiterte am exkludierenden Spezialistentum, das die Kopf- von der Handarbeit trennt, und überwand das subalterne Denken des ›kleinen Manns‹, der vom ›großen Mann‹ regiert wird, auch nicht. Ich weiß nicht, was aus den Bestrebungen des Konverters geworden ist…»[16]

Ich habe mich – vielleicht wird mich erst ausreichend Druck wie bei der Entstehung von Kohle dazu bringen, meine intellektuelle Eitelkeit endlich abzulegen und Hand- und Kopfarbeit wirklich zu verbinden – offenbar marginalisiert, um in der Geschichte der Kohle nach Erfahrung zu graben. Das glaube ich heute zu erkennen. Im Dorf Horgen, in dem ich aufgewachsen bin, hatten sie, als während des Zweiten Weltkriegs Not herrschte, in einem Stollen nach Kohle gegraben. Und da, um diese Stadt – Leipzig – herum, sind noch die unermesslichen Kohlegruben. Renaturierte Narben in der Landschaft allerdings, ein Badeparadies von künstlichen Seen für die links-alternative Urbanität, deren amerikanische Anleihen eben «cool und edgy» sind. Aber manche Wunden sind mit Sicherheit zu gross, als dass sie geheilt werden könnten. Manche Wunden schliessen sich nur knapp, bilden eine fragile «Haut» (Cédric Weidmann) aus, werden kaum zur Narbe – oder reissen bei der erstbesten Gelegenheit wieder auf.

«Ich begann diese Texte mit der Absicht, mit ihnen einen Hexenkessel zu bauen, der verschiedenste care-magic enthält. Ich wollte heilen, ohne ein »Heil« anzustreben, ohne eine ursprüngliche Ganzheit, eine Reinheit zu suchen. Vielleicht ist »Heilung« das falsche Wort, vielleicht geht es um eine Vernarbung; darum, dass das Gewebe eigene, neue, sichtbare Nähte knüpft. Denn ich will nicht, dass das Gewebe spurlos zusammenwächst. Dass das, was fehlt, ohne Fehlen verschwindet. Ich strebe keinen Punkt an, der einen Satz abschliesst, sondern ein Semikolon, das sagt: »Hier ist eine Grenze, aber es geht weiter«, das den Satz weiterfliessen und doch zwischen seinen zwei Zeichen eine leere Stelle lässt; ich möchte diese schmale Spirale, auf der ich mich um das Loch im Zentrum bewege, weiterführen.»[17]

Liegt es an diesen Wunden, dass bei allem Wunsch nach Heilung in der Kunst – wie bei den Sätzen über dein Buch – immer wieder vom Kampf die Rede ist? Warum verherrlicht die Vorstellung literarischen Schaffens, was ansonsten – wie eben der Krieg in der Ukraine – schrecklich ist? Was für eine perverse Fantasie möchte in jeder Zeile eines literarischen Texts einen jahrelangen Kampf erkennen? Wahrscheinlich hast du gearbeitet, das jedenfalls sagst du, vielleicht hast du dich bemüht, aber gekämpft? Das ist wie wenn Männer vom Militärdienst in der Schweiz sprechen, als wären sie im Krieg gewesen… Vielleicht liege ich falsch. Aber ich zumindest brauche in der Literatur keinen Kampf, wenn in der Ukraine ein Krieg tobt und im Iran Menschen staatlich massakriert werden. Und du – also der Mensch: nur wer ist das? – siehst das bestimmt genauso. Du kannst auch nichts für diese Zuschreibungen, sie kommen nicht von dir. Aber warum hast du dir dann bei der Preisverleihung die Haare rasiert? Ich scheitere daran, in diesem Akt das «auktoriale Selbstbewusstsein» (Sebastien Fanzun) aus dem «Blutbuch» zu finden, das sich der Aufmerksamkeit in jeder Umgebung sicher ist. Dir allerdings die Haare, da das Rampenlicht ohnehin schon auf dich scheint, abzuschneiden, während dir dabei nichts passieren kann? Ich weiss nicht… Die Verteilung der Wunden – im Iran, in der Ukraine – ist wie die Verteilung der Kohle kaum gerecht. Du hättest dir die Haare auf der Bühne von einer iranischen Oppositionellen scheren lassen können. Oder du hättest still und heimlich das Preisgeld an die kurdischen Kommunist*innen weitergeben können. Vielleicht hast du das ja auch gemacht. Ich weiss es nicht. Mir bleibt von all dem nur die Frage: Von welchen Wunden, welchen Narben reden wir da überhaupt? Wie ich diesen öffentlichen Sätzen und Reden, Gesten und Provokationen, nach diesen individualistischen Selbstinszenierungen zum Buch zurückkehre, fühle ich mich – und dafür bin ich dankbar – wieder aufgehoben wie in warmem Wasser. Und ich ahne: Du weisst das, ja, du weisst das. Du weisst all das und noch viel Meer…

«[V]ielleicht ist dieser ganze Text, diese ganze Schreibbewegung ein Platzhalter, das Erschaffen eines Ortes, an dem diese Leere endlich einen Raum bekommt. Kein Text, sondern ein Platz, auf dem steht: ‹Hier ist etwas, das sich nicht sagen lässt.›»[18]

Ich habe deine persönliche Heilung im «Blutbuch» gespürt. Ich habe gespürt, was für ein blühender Mensch aus dir geworden ist – als wüchsen deine roten Lippen wie Blumen aus dem Gras des Kleids vor deiner Brust. Aber was hilft es, dass ein einzelner Popstar seinen rite of passage gefunden hat, den alle anderen verloren haben? Ohne es zu merken, habe ich eingeholt, was Sebastien Fanzun in seiner Nachbemerkung zum «Versuch über Selbstbewusstsein» forderte. Die «Belanglosigkeiten, die besonders unter der Flagge der Lyrik»[19] über die Weltmeere schipperen, habe ich längst zur Bildung neuer Kohle auf den Meeresboden befördert. Ob mir «mehr differenzierte Gnadenlosigkeit und weniger mildtätiges Desinteresse» (Sebastien Fanzun) auch bei der Prosa gelingt? Das «Blutbuch» jedenfalls mit seinem rite of passage kommt – bei allem, was ich an ihm liebe: dem ganzen Changieren zwischen Genres, Tonfällen und Formen – aufgrund der öffentlichen Person davor oder dahinter, aufgrund des messianisch-bescheidenen Setzens von Zeichen, aufgrund der binären Oppositionen von Ernst und Kreativität, von Erwachsensein und Kindsein, von – fast schon zölibatär-väterlichen – Ermahnungen zur Liebe dem Bildungsroman näher und näher. Aber der ist, wenn er überhaupt jemals lebendig war, heute so tot wie weiland Wieland und Goethe. Es ist dieser modrige Geruch des Todes, der aus diesen knöchernen Allgemeinplätzen strömt, die eine herzzerreissende Anekdote über die Liebe unter Teenagern in der TAZ oder eine treffende Analyse über den Schmerz des Geschlechterkorsetts in der Sternstunde Philosophie übertünchen. Es sind die wohlfeilen Plattitüden zum Christentum und zum Kapitalismus, die… aber zu wem sprichst du eigentlich? Ich will freilich einräumen: Nicht jeder öffentliche Auftritt kann gelingen, spontane Antworten sind keine elf Jahre anhaltende Perfektionsarbeit. Aber die – (links-)bildungsbürgerliche – Öffentlichkeit hängt dir dann trotzdem wieder wie einem Messias an den Lippen und verfolgt andächtig die Hex*-Inszenierungen, als müsste diese Situation jede Rede von freier Entfaltung konterkarieren. Erscheint das «Blutbuch» in diesem Kontext als «Anti-Roman»[20], weil die Kunstfigur Kim de l’Horizon mit ihren Hexereien umso held*innenhafter auftritt? Ich zweifle daran, dass sich János Mosers «Hyperfantastik», die in einer Haltung jenseits ironischer Distanz die «Hexenzeit» antizipiert, ohne Weiteres in der Sternstunde Philosophie verkörpern lässt. Diese «Hyperfantastik» will noch oberhalb der «bürgerlichen Hochliteratur» spielen. Fraglich bleibt, ob sie nicht zu bürgerlicher Hochliteratur herabsänke, würde sie auf das bürgerliche Podest gehoben – und zwar wegen des Gewichts der Kohle in ihren Taschen. Verliert sie dann bei aller Kritik an dieser Kohle kein Wort über ihre Abhängigkeit von der Kohle, so ist es mit der unabhängigen Randständigkeit – «Ich sitze da am Rand eures übersubventionierten Spielfelds und halte mich irgendwie über Wasser.»[21] – wahrscheinlich vorbei und mir fällt acht Jahre später der angeprangerte Mangel an Humor auf die eigenen Füsse. Was hat es nur mit dieser krampfhaften Suche nach Erfahrung beim Bad im Fluss in vollem Hex*-Ornat auf sich? Ging vor lauter Alltagskomfort vergessen, dass wir im Winter in beheizten Häusern wohnen, weil die Natur eben keine Blumenwiese ist? Kann ich das «Blutbuch», Kim de l’Horizon und alle die verlorenen Sätze anderer noch unterscheiden? Oder gelingt mir das nicht? Ich verliere schon wieder die Orientierung, nur eins steht mir immer noch deutlich vor Augen: Mit den neoliberalen Mitteln des 21. Jahrhunderts die liberalen Anfänge im 18. Jahrhundert wieder einzufangen, wäre ein Anachronismus ganz anderen Zuschnitts als die Rede von Aborigines, Kohlen und Kuhreihen oder vom «magischen Schreiben»[22] in Anlehnung an die «magische Kommunikation» der «kosmologischen Ordnung»[23] des christlichen Späten Mittelalters und der ebenso christlichen Frühen Neuzeit – und ganz nebenbei eine Geschmacklosigkeit, die unseren vulgären Zeiten nur noch den Stempel aufdrückte. Während allerlei selbsternanntes Heilungspersonal den Leuten in einem aufstrebenden Markt zunehmend erfolgreicher das Geld aus der Tasche zieht (und das ist womöglich weit mehr Mittelalter als die Hexenbiographien im «Blutbuch»), trennen die schwerreichen Prozente der Bevölkerung – entgegen den altbekannten feministischen Parolendas Private nach wie vor kategorisch vom Öffentlichen. Derweil prasselt Werbung pausenlos auf einen ein. Und wir streiten uns in identitätspolitischen Schlammschlachten über die Anerkennung von Minderheiten, während wir die entscheidende Minderheit längst vergessen haben – oder sie aus purer Machtlosigkeit nicht behelligen. Wir schaffen es auch unter – mehr oder weniger – demokratischen Verhältnissen nicht, etwa dem ach so grosszügigen Kunstmäzen Klaus-Michael Kühne seine 1,9 Milliarden Euro Gewinn aus seinen Anteilen bei der Reederei Hapag Loyd zu nehmen. Obendrein profitieren diese Gewinne noch von einer Steuerentlastung aus den neoliberalen Neunzigern zur Ankurbelung des deutschen Reedereigeschäfts. Sie werden gerade mal mit 0.65% besteuert. Seinen Wohnsitz allerdings hat der Norddeutsche – und jetzt kommt ein Tusch – in Feusisberg im Kanton Schwyz. Baut die vage Solidarisierung mit Menschen, die Tausende von Kilomentern entfernt im Iran sterben, darauf, die Kehrseite der Münze, das Schweizer Steuerparadies, zu verleugnen? Genau in diesem Augenblick trifft deine errungene Ausdrucksfreiheit auf die – ich bilde mir ein: wohlüberlegte – Selbstbegrenzung meiner fünfzeiler. Und mir ist, als vertrüge sich – bei Gott, ich will nie so aus der Form laufen wie Klaus-Michael Kühne, weil die Taschen seines Anzugs zu klein sind für all die Milliarden – die asketische Kargheit meiner fünfzeiler doch schlecht mit deinen faszinierenden Semikolons, als stünde die Exuberanz deiner öffentlichen Person meinem Alltag so diametral entgegen wie die unscheinbaren fünfzeiler der hochtrabenden Bezeichnung ecriture fluide. Und so stellt sich auf einmal nicht mehr die Frage, ob du dich mit Ueli Maurer verständigen könntest. Dass der sich nicht auf ein Gespräch herablässt, war von Anfang an klar. Aber ob wir beide uns verständigen könnten? Ich will es mit einer Frage versuchen: Ist nicht auch die Haut von beidem – von der Durchlässigkeit und von der Begrenzung – geprägt? Bestimmt muss, was als Minderheit erscheint, schrill auftreten, um Gehör zu finden, und mir kommt da wahrscheinlich nur wieder mein Neid in die Quere. Ausgezogen, um mit lappidarer anstatt gewaltiger Sprache die «eigene Wichtigkeit loswerden»[24] zu wollen, wie Cédric Weidmann so berührend im Nachwort zur «verkettung der / fünfzeiler» schreibt, bin ich womöglich blind dafür geworden, dass andere erst einmal ihre eigene Wichtigkeit erringen müssen. Ich finde mich nicht mehr zurecht. Aber ich folge dir dennoch und durchschreite diese Emotionen. Ich habe zum wiederholten Mal Angst davor, das aufgeben zu müssen, von dem ich glaubte, dass ich es bräuchte. Ich habe Angst davor, dass alle asketische Selbstbegrenzung nicht reichen wird. Ich habe Angst davor, meinen Neid zu benennen, und keine Heilung zu finden, weil ich erfolglos zugrunde gehen werde. Nein, ich wäre mit Sicherheit nicht immun gegen Erfolg…

Es ist nicht, so dass… Aber: Kommen überhaupt noch Tage? «Es kommen härtere Tage.»

Nach dem Reigen der Preise, ich ahnte das schon aufgrund des Ponto-Stickers auf dem Cover des «Blutbuchs», habe ich die Unvoreingenommenheit verloren. Ich würde gerne all diesen Neid hinter mir lassen. Und dann frage ich mich, warum es mir so schwerfällt, mir in einem solchen Moment immer wieder in Erinnerung zu rufen, dass der Schweizer Nationalfonds meine wissenschaftliche Arbeit, die obendrein wahrscheinlich hahnebüchen war, doch grosszügig gefördert hat. Aber ich werde irgendwann – in dieser idiotischen Selbständigkeit, die ich mir beweisen muss – wieder Kohle brauchen. Und von den fünfzeilern wird sie trotz beharrlicher Partizipation an Wettbewerben und dem ständigen Schreiben von Anträgen kaum kommen. – Der Sekretär der Goethe-Stiftung schrieb: «Wir fördern gerne ganz einfach gute Literatur, aber nicht, was seitenlanger Erklärungen bedarf.» – Mein literarisches Dasein wird entgegen meinen anfänglichen Vorstellungen nicht sein, auf einen Schlag immer wieder grössere Summen zu erhalten, um frei und unbeschwert weiterarbeiten zu können, sondern ein modernes Jäger-und-Sammler-Dasein, das sich von schreiberischen Klein- und Kleinstaufträgen wie der Rezension deines Buchs – sie hat mir 20 Euro eingebracht – ernährt. Zweifel sind berechtigt und diesen Umstand bei allem Willen dazu wirklich anzunehmen, steht angesichts meiner Begegnung mit der Geschichte des «Blutbuchs» offensichtlich noch aus. Ah, nur schon für diese Lektion bin ich dir dankbar! Vielleicht gelingt es mir, diese Geschichte zum Anlass zu nehmen, jede Form von Selbstgerechtigkeit zu überwinden und die eigene Wichtigkeit endlich vollends abzustreifen. Und dann denke ich an all diese Menschen, die meinen, ihnen stünde – wie dem erbärmlichen Richter am Supreme Court Brett Kavanaugh: «Es kommen härtere Tage.» – selbstverständlich höchster Lohn für ihre Mühen zu. Dennoch bin ich das Gefühl des Betrogenseins noch nicht losgeworden, weil mich das ärgerliche Faktum, dass Kohle und Verbindungen meist mehr bewirken als der dauernd wiederholte Mythos von der Qualität, immer noch viel zu sehr beschäftigt. In manchen Fällen allerdings hilft auch einfach das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Die computergleiche Geschwindigkeit, mit der ich «tausendundein / fünfzeiler» in einem langfristig-seriellen Projekt mit dem Arbeitstitel «Lebensform» schreibe, war von Anfang an zeitgemäss intendiert gewesen. Vielleicht liegt darin der Fehler? Jetzt spreche ich mir im Stillen verbissener Selbstgerechtigkeit Mut zu: Gib ihnen nicht, wonach sie verlangen, denn sie wissen nicht, was… Die Kohle geht zur Neige, während das Klima wärmer und wärmer wird. Aber die Zeit droht unreif zu bleiben. Ich wollte literarisch unaufgeregt arbeiten. Aber das, so drückt mir diese Geschichte auf’s Auge, geht eben nur jenseits der Öffentlichkeit. Und diesen Scheissbrocken – ob er mir dereinst das Lästermaul stopfen wird? – muss ich erst noch schlucken… Sie werden also einmal über mich sagen, bilde ich mir ein, ich habe Literatur in Struktur gesetzt, um – jenseits aller Dringlichkeit – Erfahrung Raum zu geben, während sie über dich – die Zeitungen wollen schon drei Monate nach der Preisverleihung nichts mehr vom Thema wissen – eben sagten: «Kim de l’Horizon verwandelt Erfahrung in Literatur», um zu heilen. Sind wir uns da so unähnlich? Vielleicht. Aber was machen wir damit? Und welche Loyalitäten konstruieren wir dann?

«Und vor allem heißt loyal sein, zu all dem zu schweigen, zu diesem Fluch; ihn zu benennen, heißt, ihn zu brechen, und das ist der Grund, warum ich dich verrate. Denn du hast dein ganzes Leben lang  ertragen, ein Ersatz zu sein, und du hast darüber geschwiegen. Ich hätte Rosmarie Nummer vier sein sollen oder Johanna Nummer zwölf oder Barbara Nummer dreißig. Aber ich kann nicht die Nächste sein, ich kann das Schweigen nicht fortsetzen, denn ich werde keine Kinder haben. Es wird niemanden geben, der an meiner Stelle leben wird. Mein Bauch wird sich nicht mit Leben füllen, er ist nur mit Blut gefüllt.»[25]

Sind es diese unterschiedlichen Erfahrungen, die Unverständnis erzeugen? Und schaffen wir es nicht, wenn wir uns nicht mehr begegnen, dieses Unverständnis zu transformieren? Ich habe – früher, in meiner Jugend – geschrieben, weil ich, so glaube ich mich zu erinnern, nicht sprechen wollte, nicht sprechen konnte. Ich muss ein abweisendes und schweigsames Kind gewesen sein. Lassen wir einem Menschen, dem es zu schwerfällt, das Peinliche und Belastende zu verbalisieren, seine Freiheit? Im Nachhinein bedaure ich, dass mir diese Freiheit wahrscheinlich – ob bewusst oder unbewusst – gelassen wurde. Aber das Schweigen zu brechen ist ein Risiko – auch für die Person, die das Schweigen bricht. Das Kind, das vorher noch neben dem Schreibtisch schlief, zwinge ich manchmal dazu, mit mir über Unangenehmes zu reden. Ich bin nicht sicher, ob Loyalität sich allein darin zeigt, unausgesprochene Gesetze zu befolgen. Das Heilen erfordert bisweilen schmerzhafte Methoden. Und wo das Fleisch angegriffen ist, bleibt nichts anderes als eine Amputation, bevor der Körper heilen kann, oder der Tod. Ambivalent genug – wie deine schreibende Hexerei – bleibt das lange Sterben des Lebens. Wenn Gewalt schon unausweichlich ist, können wir dann wenigstens ein Gespür dafür entwickeln, wann und warum wir Gewalt einsetzen? Ich habe einen anderen Versuch unternommen, das Schweigen zu druchbrechen, als in die Resignation der Kinderlosigkeit zu flüchten.

«Schreiben ist für Derrida pharmakeia, Pharmazie: das Verwalten eines pharmakon, einer Substanz, die sowohl Gift, Droge, bösartig sein kann als auch ein Heilmittel, eine Arznei, heilsam. Pharmakeia ist aber ebenso – das habe ich kürzlich herausgefunden – ein altes Wort für »Hexerei«, für das Praktizieren mit Stoffen, die beides können: Wunden schlagen und heilen. Es ist alles verknüpft, Grossmeer, untrennbar, und doch ist der Faden der Hexen zerschnitten, und wir müssen ihn neu aufnehmen und von den Toten lernen; zuhören, hexen, schreiben, um den Baum mit den gestohlenen Penissen tanzen, fabulieren, weben. Wir müssen Netze knüpfen, die uns in der Welt halten: in dieser, in eurer und in jenen, die noch möglich sein können.»[26]

Was passiert, wenn ich mich beim Knüpfen dieser Netze dem Unscheinbaren – alltäglicher Sorgearbeit und fünfzeilern – zuwende? Vergrabe ich dann mein Talent, um es am Ende meines Lebens demütig zurückzugeben? Kriege ich das, wie Cédric Weidmann, wirklich gebacken? Immer wieder erinnere ich mich an die liturgische Formel: Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund. Mitten im härtesten Aufmerksamkeitswettbewerb gerate ich ins Unspektakuläre. Zeigte sich das schon damals als ich mich, ein wenig älter als die anderen delirium-Menschen, aufgrund meiner Vaterschaft aus der Redaktion verabschiedete? Cédi, und du hast dieses Wort zur Gesundheit meiner Seele gesprochen, schreibt über die fünfzeiler: «Sie sind ein Schwarm, eine Aufzucht, in der vielleicht Formen auftauchen, vielleicht wieder verschwinden, aber in der für mich vor allem eines deutlich wird: die Haltung, mit der sie gepflegt, gefüttert, hervorgebracht, herumgeführt und freigelassen werden.»[27] Zu meiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft pflege ich – Ausgeburt der Mittelmässigkeit: ein cis-heterosexueller Haudegen mittleren Alters – fünfzeiler wie Ex-Junkies Pflanzen, um meine zuverlässige Sanftheit und meine einfühlsame Sorge nicht zuletzt mir selbst unter Beweis zu stellen. Aber ich weiss nicht, ob ich – in dieser ganzen Langfristigkeit des Lebens – durchhalte. Ich habe mich offenbar an den Rand – und der ist überhaupt nicht «edgy», sondern als Schreibszene marginal – begeben: Ich schreibe das auf den Tischen neben dem Indoor-Spielplatz Kinderland, während zwei Kinder, von denen ich einem gegenüber in einem biologisch-sozialen und juristischen Verpflichtungsverhältnis stehe, spielen. Habe ich wirklich mit «Gedichten, Kinderkram» gelernt, mich in meiner Umgebung zurechtzufinden? Also sage ich mir selbst: Wurstle dich durch und immunisiere dich, auch das ist ein Verfahren der Heilung, gegenüber der Öffentlichkeit und deinem Neid mit einer wohldosierten Menge an Tagesgeschehen.

Sieh dich vor: «Es kommen härtere Tage.»

Alle fünf Minuten unterbreche ich das Schreiben, um ein Kind zu trösten, das hingefallen ist. Und dabei hoffe ich darauf, dass die unspektakuläre Schönheit des Alltags, die Genugtuung der Sorge, ausreichend Kraft spendet, damit ich meinen Weg finde – zurück auf meine Laufbahn. Im ganzen Lärm des Kindergeschreis besinne ich mich in der Kälte einer kaum geheizten Halle auf mich selbst. Ich will nicht sagen, das sei heilsam. Heilsam für mich vielleicht. Ich kaufe den Kindern kein Eis, auch wenn sie mich zehnmal darum bitten. Aber vor dem Kinderland lauert der Vergleich, andere Kinder naschen Süssigkeiten. Und der Neid fordert seinen Tribut. Ich setze diesen Text neben dem Fussballplatz fort, um 16 Uhr an einem 26. November ist es kalt. Ich spiele nicht mit. Mein Knie ging beim Fussballspielen mit den Kindern im letzten Sommer vor die Hunde. Das wird nie wieder heil.

Und so weiss ich: «Es kommen härtere Tage.»

Wir leben so dicht, dass wir diesen Vergleichen – wie schön ist die leere Wüste – nicht aus dem Weg gehen können. Wir sind gezwungen unsere Leben zu verhandeln. Aber mir kommen die queeren Sparringpartner*innen im Alltag kaum mehr in die Quere. Warum scheinen diese Existenzen – deine und meine – so unvermittelbar? Ein queeres Mensch hielt es nicht aus unter so vielen Menschen zu leben, ein queeres Mensch konnte neben den vielen Kunstprojekten nicht auch noch das Wohnen als Projekt betreiben. Aber, habe ich stumm geschrieen, das ist kein Projekt, das ist ein Leben. Und was bedeutet angesichts dessen «care-magic»? Ist das Zauberhafte an diesem Kümmern, dass es die pflegebedürftigsten Gruppen – die ältesten und die jüngsten Menschen – gar nicht zu berühren braucht?

«I can only love you from afar.»[28]

Die Grossmutter im Dementenpflegeheim bleibt bloss stumme Adressatin von Briefen in einer fremden Sprache, während osteuropäische Pflegekräfte für ihr Wohlbefinden sorgen. My grandmother feared that my parents wouldn’t want to have me anymore when I went on exchange to Australia during highschool. She figured, I was being sold into foreign services as a «Verdingkind» while I became cool and edgy. What are we to hope for in healing the rifts between generations when eleven years of hard fighting merely amount to a bunch of letters in a foreign language? Ist diese Schreiben mehr davon geprägt, die Verwerfungen zwischen den Generationen zu bedauern, oder doch mehr davon, sich bei aller Beschäftigung mit trans-generationellen Fragen von generationellen Bindungen freizufantasieren? Aber meine Grosseltern sind alle tot und ich kann mich vor solchen Fragen drücken. Je häufiger mir diese Gedanken durch den Kopf gehen, umso mehr frage ich mich: Bin ich deiner Sprachmacht erlegen? Dem Zauber deiner Sprache, die bei aller Blutrhetorik doch vor allem vom eigenen Blut spricht, nicht aber vom Menstruationsblut an der Unterseite von Klobrillen, das wegzuptzen denjenigen obliegt, die in einem Gemeinschaftshaus den Dienst der Badreinigung versehen? Und was ist mit der Scheisse anderer, die an den Rändern von gemeinschaftlich genutzten Kloschüsseln klebt? Grinst durch all deine Ausführungen nur wieder hämisch Sebastien Fanzuns bürgerliche Maxime: Don’t shit where you eat?

«I will not have kids. There will be no one to live in my stead. My belly will not fill with life, it is only full of blood.»[29]

Auch den Kindern bleibt die Elternsprache doppelt versagt. Warum geht – auch bei dir – die binäre Trennung so kategorisch entlang der Frage nach Kindern? Warum lese ich in dieser Hinsicht so viel Befreiung und so wenig Schmerz? Heisst das nicht wieder, die Kehrseite der Münze zu verleugnen? – «Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnet haben.»[30] – Ich etwa kenne einen – unheilbaren? – Schmerz, keine Kinder gebären zu können. Aber ich kümmere mich trotzdem um ein Kind – und vielleicht bald um ein weiteres. Und all die anderen erst, zu denen ich nicht in einem biologischen oder juristischen Verpflichtungsverhältnis stehe… Immer wieder frage ich mich in Kunstsachen, worum es geht: Kontinuierliche Produktivität wie alltägliche Essenszubereitung oder hart errungenes Meisterwerk wie… wie… wie? Aber das – gewissermassen ein alternatives Faktum der künstlerischen Realitätsverweigerung – lässt sich eben schlecht vergleichen. Ich bin froh, dass ich das Rauschen des Bluts in meinem Bauch – und ich bilde mir ein, es sei das Rauschen eines soliden Bauchgefühls, dessen Wichtigkeit mir in den letzten Jahren immer bewusster geworden ist – ganz gut höre. Ich habe aufgehört zu heizen. Ich versuche nicht mehr, kunstvoll Kohle in den dritten Stock zu tragen. Ich lasse es einfach sein. Draussen liegt jetzt Schnee. Bei meiner Grossmutter waren nur Küche und Wohnzimmer geheizt. Ich sehne mich nicht so sehr nach meiner «Grossmeer»[31], aber ich habe mich nach einem Wohnzimmer gesehnt…

«I’m writing these letters in the valley of Blenio, in the north of Ticino, in an old chocolate factory that doesn’t run anymore, in the highest room, a room of my own. I share it with spiders, though, and the wind that carries the river in, a pidgeon and some moldy fungi that thrive in the cracks of the wall. I guess I should say: It is a room of our own, but none of us owns it. I took some time off work to write these letters to you and to finally finish this project.»[32]

Vor Jahren fuhr ich vom Lukmanier her das Bleniotal hinunter. Was für ein Ort! Hier lese ich –«work»[33] – von der Arbeit, aber was ist diese Arbeit? Um welche Kohle geht es da? Und wie verhält sich das Schreiben zu ihr, da es in die Freizeit verschoben ist? Was verschiebt sich jetzt nach all den Preisen? Und ich lese von einem eigenen Raum, während ich diese Sätze weder in «Einfamilienhäusern»[34] noch «in meiner Wohnung»[35], sondern hinter dem Ofen im gemeinsamen Wohnzimmer schreibe. Jonathan spielt neben mir auf der Couch und Hannah legt die Wäsche zusammen. Am Tag darauf, als ich weiterschreibe, sind auch Paula und Meron und Saskia da. Heute, und das ist wirklich berührend, ist auch Asmerom noch hier. Du sagst: «Wir spielen Familie.»[36] Ist das so? Mir ist, als übten wir mehr, als wir spielten. Lauter Menschen – teils nicht heterosexuell, teils nicht kaukasisch-weiss – kurieren ihre eigenen und die Krankheiten ihrer hustenden Kinder, während ich am Esstisch sitze und schreibe – gesegnet mit einem unerschütterlichen Immunsystem. Und natürlich gehe ich zur Leipziger Tafel, um die Nahrungsmittel zu holen, die den Menschen auf Sozialhilfe zustehen und von denen ich profitiere, auch wenn ich einer der wenigen in unserem Haus bin, der nicht (mehr) von staatlicher Kohle lebt. Und für die Zeitspanne einiger Tage ist die unselige Trennung von Arbeit, Freizeit und Familie überwunden. Aber ob das anhalten wird?

«Die härteste Entscheidung meines Lebens steht vielleicht noch aus: den Traum vom Schreiben als Lebensform, die natürlich einen Lebensunterhalt beinhalten muss, aufzugeben; den Traum vom Schreiben als Lebensform aufzugeben, weil mich das Schreiben trotz aller Versuche, eine strikte Trennung von Arbeit und anderen Aktivitäten des Lebens zu vermeiden, um den Menschen, auch einem Kind, um mich herum gerechter zu werden, mit seinen wuchernden Bezügen und seinen paranoischen Parallelen vollständig einnimmt.»[37]

Mein Weggefährt* du hast mich mehr als nur «berührt» (Kim de l’Horizon). Die Geschichte des «Blutbuchs» quoll über wie die Einfamilienhäuser vor Familien[38] und ich wurde von einer Woge überrollt, von einem Strudel erfasst, in dessen Zentrum dein «Blutbuch» steht. Die Geschichte dieses Buchs hat mich – wie einen Radfahrer neben einem LKW – aus der Bahn geworfen. Das wiederum könnte ein Kriterium für gute Literatur sein. Und das war einmal Thema, als das hier begann. Aber wenn der Literaturbetrieb der Lastwagen ist, ein ganzer Roadtrain sogar, auch wenn er keine Kohle bringt, und nicht etwa ein mysteriöser Riesenkraken vor der Küste Durbans, dann drehe ich mich womöglich im Kreis wie Hannah Kressigs Markow-Ketten: mal wieder… mal wieder… mal wieder… In meiner Kindheit hatte eine Schallplatte einen Sprung. Und ich hörte, als achtloser Sprachgebrauch noch zum guten Ton gehörte, immerzu von einem repetitiven Winnetou: Du bist auch sein… du bist auch sein… du bist auch sein… Geschwister? Wie werden wir uns begegnen, sollten sich unsere Wege einmal wirklich wieder kreuzen? Vielleicht würde ich einfach gerne wieder anknüpfen. Ist es, weil du jetzt berühmt bist? Weil du dich unter Beweis gestellt hast? Weil du etwas geleistet hast? Ich könnte kotzen und will doch nichts – kein Quäntchen meiner Eitelkeit – verleugnen. Ich höre hier auf, ich komme nicht hinterher. Ich werde dir, das ist alles zu vielschichtig, nicht «gerecht» (Sebastien Fanzun)… Ich würde dir gerne von ganzem Herzen gratulieren. Zum Glück habe ich das – wenigstens per Email – schon getan, denn jetzt muss ich mich erst wieder orientieren. Als versetzte ich mich noch vor den Moment des Heilens, suche ich einen Weg in der Wüste, damit die unausweichlich geschlagenen Wunden nicht so gross werden, dass du – m* Hex* – sie nicht mehr heilen könntest. Sonst – «Es gibt keine Sprache, die tragen wird, was wir nicht ertragen können.»[39] – bliebe nicht einmal mehr das Ertragen der Wunden, wenn wir – und das ist auch eine Frage der Geschwindigkeit – mit dem Heilen von Wunden langsamer sind als mit dem Schlagen von Wunden. Das Leid verschafft sich mit gewaltiger Sprache Gehör und schlägt – weil jedes Rampenlicht mehr noch als das Schreiben dazu neigt – immer neue Wunden. Vielleicht aber schenkt mir mein Anachronismus – vorwärst in die Vergangenheit – die Freiheit, einfach zurückzukehren.

«Ich gratuliere dir ganz herzlich zu diesem Buch!!! Die Rezension werde ich dir dann schicken, wenn sie abgesegnet ist. Noch liegt sie bei der Redaktion des Kreuzers in Leipzig. Für mich ist es faszinierend, den Werdegang Kim de l’Horizons mitverfolgt zu haben. Und auch wenn wir kaum Kontakt hatten in den letzten Jahren, begeistert mich das Buch und lässt mich hoffen, dass es schön wäre, sich wieder einmal in Fleisch und (sic!) Blut zu begegnen.»[40]

Wir werden uns wiedersehen. Geniesse in der Zwischenzeit deinen Erfolg, schöpfe aus dem Vollen und trink ein Glas auf… die Wunden… die Wunden…

 

 

[1] Hannah Kressig verweist auf Bassos Text. Und ich weiss, dass es ihn gibt. Aber verlinkt sind die beiden Texte offenbar nicht, sodass ich ihn nicht direkt referieren kann. Erstmals spüre ich die Verzweiflung, die um sich greift, wenn die Verweisstrukturen im Universum von delirium nicht mehr tragen. Ich habe mehrere Stunden mit der Suche nach Bassos Text verbracht, aber der zunehmende Zerfall der Webseite verunmöglicht eine erfolgreiche Nutzung der Suchfunktion…

[2] Bruce Chatwin: The Songlines, Pan Books Ltd., London 1988; S. 15.

[3] Bachmann, Ingeborg: Probleme zeitgenössischer Dichtung, R. Piper & Co., Zürich & München 1984; S. 6.

[4] Bruce Chatwin: The Songlines, Pan Books Ltd., London 1988; S. 324.

[5] Die Dissertation ist publiziert bei der ETH und ab 2026 frei zugänglich. Das Manuskript liegt mir vor. https://www.research-collection.ethz.ch/handle/20.500.11850/602289

[6] Die Bibel, nach Martin Luther, Deutsche Bibelgesellschaft, Darmstadt, Stuttgart 1999; Matthäus 25,14-30 (Luther übersetzt Talent mit Zentner. Diesbezüglich weicht mein Zitat ab.)

[7] Die Bibel, nach Martin Luther, Deutsche Bibelgesellschaft, Darmstadt, Stuttgart 1999; Jeremia 47,2.

[8] Bruce Chatwin: The Songlines, Pan Books Ltd., London 1988; S. 148.

[9] Bruce Chatwin: The Songlines, Pan Books Ltd., London 1988; S. 305.

[10] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 62.

[11] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Kölrn 2022; S. 307.

[12] Privater Email-Verkehr.

[13] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 139.

[14] Fabian Schwitter, «Wie Baum und Wasserfall zugleich», in: Logbuch – Kreuzersonderherft zum Bücherherbst 2022; S. 36.

[15] Kim de l’Horizon, Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 57.

[16] Fabian Schwitter: die verkettung der / fünfzeiler, Edition Howeg, Zürich 2023; S. 117.

[17] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 247f.

[18] Kim de l’Horizon, Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 246.

[19] Fabian Schwitter: die verkettung der / fünfzeiler, Edition Howeg, Zürich 2023; S. 9.

[20] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 131. Vgl. auch: Sternstunde Philosophie.

[21] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 125.

[22] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 46.

[23] Wolfgang Schmale, Eine Geschichte der Männlichkeit in Europa (1450-2000), Böhlau, Wien 2003; S. 90/58. Bemerkenswerterweise hält Schmale allen Hexengeschichten zum Trotz fest: «Insoweit ist die positiv bewertete Befähigung zur magischen Kommunikation mehr ein Charakteristikum von Männlichkeit denn von Weiblichkeit.» (S. 90)

[24] Cédric Weidmann, Namedropping, in: die verkettung der / fünfzeiler, Edition Howeg, Zürich 2022, S. 128.

[25] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 327.

[26] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 248.

[27] Cédric Weidmann, Namedropping, in: die verkettung der / fünfzeiler, Edition Howeg, Zürich 2022, S. 128.

[28] Kim de l’Horizon, Blutbuch, DuMont, Köln 2022, S. 297.

[29] Kim de l’Horizon, Blutbuch, DuMont, Köln 2022, S. 290.

[30] Die Bibel, nach Martin Luther, Deutsche Bibelgesellschaft, Darmstadt, Stuttgart 1999; Matthäus 26,34.

[31] Kim de l’Horizon, Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 16.

[32] Kim de l’Horizon, Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 268.

[33] Scheint an dieser Stelle doch das Gesamtkunstwerk des Lebens auf, weil im englischen «work» sowohl die Arbeit als auch das Werk enthalten sind?

[34] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 102.

[35] Kim de l’Horizon, Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 118.

[36] Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 322.

[37] Fabian Schwitter: die verkettung der / fünfzeiler, Edition Howeg, Zürich 2022; S. 92.

[38] Vgl. Kim de l’Horizon: Blutbuch, DuMont, Köln 2022; S. 102.

[39] Senthuran Varatharja: Rot (Hunger), S. Fischer, Frankfurt a. M. 2022; S. 105.

[40] Private Email-Korrespondenz: 30.06.2022.

  1. Sehr lesenswert sind diese Gedanken aus der Bücher- und Musikerstadt Leipzig. Vielen Dank!

    Das Ringen um die Wahrheit, die „wahre“ Kunst, ein stets äusserst harter Kampf mit offenem Ausgang. Die Anerkennung, der „Ruhm“ ein ebenso zweischneidiges Ding wie auch der „Popstar“ Goethe, der selber Shakespeare als solchen umflügelte, auf seiner „Flucht“ nach Italien erleben und – nebst zahlreichen verbürgten (binären…) Annehmlichkeiten.. – auch erleiden musste.

    Wie treffend drückte es der letzte (?) Lyriker und Orpheus-Verehrer Rilke prosaisch aus:
    „Der Ruhm ist der öffentliche Abbruch eines Werdenden, in dessen Bauplatz die Menge einbricht …“

    Vielleicht wollten Vergil und Kafka deshalb ihre Werke vor ihrem Tod verschwinden lassen. Zwar hatten sie genügend Kohle – zu ihrem Wohl, was ihnen dennoch kein sehr langes Leben ermöglichte.

    Dem engagierten Autor Fabian Schwitter wünschen wir von beidem mehr!

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