Da ist (immer) noch ein anderer Mensch

 

Dieser Text erschien am 29. Dezember 2019 in der Neuen Zürcher Zeitung. Leider befindet sich der Text bei der NZZ hinter der Paywall und ist entsprechend nicht frei zugänglich.

 

«Meine Frau hat sich in einen anderen verliebt.»

Lukas redet schnell und laut. Zwischen seine Sätze streut er erzwungene Lacher. Neben ihm sitzt seine Frau, Vera. Sie hat noch nichts gesagt, noch nichts sagen müssen.

Die beiden sitzen in einer Runde, beim monatlichen Polyamorie-Treff in Leipzig. Die Leute stellen sich reihum vor, oft verbunden mit einer Art Outing: «Ich bin seit so und so vielen Jahren poly.»

Lukas und Vera sind nach längerer Beziehung seit sechs Monaten verheiratet. Heute besuchen sie zum ersten Mal den Polyamorie-Treff. Und Lukas schildert ein alltägliches, aber deshalb um nichts weniger schmerzhaftes Drama.

Wovon reden wir?

 
Polyamorie: Das hört sich zunächst nach einem schicken Modewort an. Häufig wird der Begriff synonym mit ‹offene Beziehung› verwendet – und meint dann einfachen Sex und kürzere Affären ausserhalb einer klar definierten Kernbeziehung.

Allerdings kann Polyamorie mehr heissen, nämlich «verantwortungsvolle Nicht-Monogamie», in der «alle involvierten Personen mit allen Bedingungen und Voraussetzungen einverstanden und sich aus eigenem Willen darauf einlassen». So jedenfalls definieren Thomas Schroedter und Christina Vetter die Beziehungsform in ihrem theoretischen Überblick.

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Wir stehen am Gotthard im Stau. In die falsche Richtung

 

Dieser Text erschien  am 15. Juni 2019 in leicht redigierter Fassung in der Neuen Zürcher Zeitung. Leider befindet er sich bei der NZZ hinter der Paywall und ist entsprechend nicht frei zugänglich.

 

Autofahren ist gefährlich, erfordert volle Aufmerksamkeit. – Ein Polizist hält uns bei Göschenen an. Der Gotthardpass sei wegen einer Lawine gesperrt. Wir: auf Säumerspuren im VW-Bus von Leipzig an die ligurische Küste zum Klettern. Der legendäre Gotthardpass – gesperrt. Also fragen wir den Polizisten – welches Industrieland leistet sich schon statt einer Ampel einen Gesetzeshüter als Dienstleister an einem Kreisverkehr? – nach Alternativen. Der Oberalppass? – Offen. – Der Lukmanier? – Offen. Der Polizist lässt uns passieren. Und wir malen uns eine Nacht an der Maggia aus. Pasta, eine Flasche Roten. Vor der Weiterfahrt ein paar Routen in Ponte Brolla.

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